«Service Public» bei Bankdienstleistungen

von martin@m-win.ch, Tel. +41 (52) 269 21 11 und hauser@m-win.ch, Tel. +41 (52) 269 21 11

Für verschiedene gesellschaftsrechtliche Vorgänge ist gesetzlich oder ablauftechnisch ein Bankkonto oder Depot in der Schweiz zwingend nötig. Leider sind die Banken immer öfter nicht bereit, diese Dienstleistungen an kleinere KMU zu bieten.

Bekanntlich haben die Banken ein Monopol auf die Führung von Konti und Depots (vgl. BankG), und teils werden sie im Gesetz ausdrücklich erwähnt (z.B. Art. 4 Abs. 2 lit. a BEG; Art. 633 Abs. 1 OR; Art. 653e Abs. 2 OR). Leider tut sich in der Praxis eine immer grössere Lücke auf zwischen (einerseits) dem, was KMU von Banken brauchen, um die gesetzlichen Möglichkeiten zu nutzen und (andererseits) dem, was Banken bereit sind, anzubieten. Die Gründe, warum Banken nicht anbieten, was gesetzlich vorgesehen und in jeder Hinsicht rechtmässig ist, sind mannigfaltig, z.B.:

  • Es sind Personen in oder aus einem Land beteiligt, das auf einer bankinternen «schwarzen Liste» steht (aber nicht sanktioniert ist),
  • Die Gesellschaft ist in bestimmten Branchen tätig oder hat gewisse Wörter im statutarischen Zweck oder im Businessplan, z.B. «Krypto»,
  • Die Gesellschaft plant Vorgehensweisen, die zwar gesetzlich vorgesehen sind und wichtige Funktionen im KMU Kapitalmarkt erfüllen sollen, aber relativ selten vorkommen und/oder von der Bank als risikobehaftet angesehen werden, z.B. bedingtes Aktienkapital, die Schaffung von Bucheffekten oder das Platzieren von Aktien im Publikum,
  • Hinzu kommt, dass die involvierten Beträge und damit der Verdienst der Banken klein ist. Erstaunlicherweise sind die meisten Banken immer noch nicht willens oder in der Lage, statt der Ablehnung einer solchen Dienstleistung ein kostendeckendes und gewinnbringendes Entgelt zu verlangen.

Aus rechtlicher wie auch volkswirtschaftlicher Sicht sind diese Zustände höchst unbefriedigend. Sie sind Sand im Getriebe der Schweizer KMU Wirtschaft.

Aktuell besteht lediglich eine Grundversorgung mit Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs durch die PostFinance, Art. 2 Abs. 2 VPG. Diese Grundversorgung umfasst gem. Art. 43 Abs. 1 lit. a bis e VPG mindestens ein Angebot für folgende inländische Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs in Schweizer Franken für natürliche und juristische Personen mit Wohnsitz, Sitz oder Niederlassung in der Schweiz:

  • das Eröffnen und Führen eines Zahlungsverkehrskontos;
  • die Anweisung zur Gutschrift vom eigenen Zahlungsverkehrskonto auf das Konto eines Dritten;
  • die Anweisung zur Gutschrift von Bargeld auf das Konto eines Dritten, sofern national oder international keine Identifikationspflichten der anweisenden Person bestehen;
  • die Bareinzahlung auf das eigene Zahlungsverkehrskonto;
  • den Bargeldbezug vom eigenen Zahlungsverkehrskonto, unter Vorbehalt der Verfügbarkeit von Bargeld am jeweiligen Bezugspunkt.

Sie umfasst nicht den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr mit Überweisungen in Schweizer Franken oder in einer Fremdwährung, Art. 43 Abs. 1bis VPG. Dienstleistungen ausserhalb des Zahlungsverkehrs sind ebenfalls nicht umfasst.

Eine kürzliche Anfrage für ein KMU, das Bucheffekten schaffen will und dafür ein Bankdepot braucht, mit dem Vermerk «Service Public» an die Geschäftsleitungen von drei Kantonalbanken, der Postfinance und einer 1.5 Mal vom Staat geretteten Grossbank ergab betrübliche Resultate: Postfinance sagte kompetent und höflich ab, zwei Kantonalbanken ebenfalls, die dritte gab eine nicht anfragebezogene Antwort und die 1.5 x Gerettete antwortete so arrogant, dass dies hier nicht kommentiert sei.

Die Lösung, um die oben dargestellte Problematik zu bereinigen, wäre u.E. einfach: Als Korrelat zum Bankenmonopol muss jede in der Schweiz domizilierte Rechtsperson gegen jede Schweizer Bank einen klagbaren Anspruch auf solche Dienstleistungen haben. Um zu verhindern, dass dann einfach prohibitive Vorauszahlungen verlangt werden, könnten die im Verwaltungsrecht bewährten Grundsätze gelten (Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip).

Wenn Sie Fragen haben oder Unterstützung benötigen, können Sie gerne auf uns zukommen.

Interessiert mich (Email an sekretariat@m-win.ch; wir melden uns)

Anmerkung: Dieser Beitrag wurde von der unabhängigen Anwaltskanzlei «Martin Rechtsanwälte GmbH» auf unserem Blog publiziert.