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Digitaler Nachlass

In Deutschland hat der Bundesgerichtshof (BGH) als oberstes Zivilgericht einen Fall entschieden, bei dem es um den Zugriff der Mutter einer verstorbenen Minderjährigen auf deren Facebook-Konto ging und Facebook zur Zugangsgewährung verurteilt. Allerdings wurde der Zugriff dann dadurch gewährt, dass Facebook einen USB-Stick mit 14’000 Seiten pdf-Dokumenten übergab. Dem widersprach der BGH und verurteilte zur Gewährung des Zugriffs auf das Konto, wie ihn die Tochter hatte. Allerdings dauerte es bis zum endgültigen Urteil sechs Jahre.

Bei derAppleID erlöschen nach den Vertragsbedingungen beim Tod alle Rechte und Inhalte des Accounts. Es besteht die Möglichkeit, wie bei Google auch, einen Nachlasskontakt zu benennen.

Die Fälle zeigen, wie wichtig es ist, auch seinen digitalen Nachlass zu regeln. Es seien hier beispielhaft und nicht abschliessend einzelne Positionen genannt, die zum digitalen Nachlass gehören:

Daten auf dem PC, Laptop, Smartphone, Festplatten und sonstigen Speichermedien, einschliesslich der Backups auf Hardware; private Email-Adressen; Daten in sozialen Netzwerken wie Facebook, X (Instagram), LinkedIn, usw.; Daten in Kommunikationsdiensten wir WhatsApp, Teams oder Zoom; Cloud-Server wie iCloud oder Dropbox; Eigene Websites; Wallets von Kryptowährungen; Zahlungsdienstleistungen wie Online-Banking; Multimedia wie iTunes, Spotify; Krankenkassen-Apps; und viele andere mehr.

Es gilt hier grundsätzlich auch der Grundsatz der Universalsukzession nach Art. 560 ZGB. Der Erbe erwirbt die Erbschaft als Ganzes und Eigentum, beschränkte dingliche Recht und Besitz sowie Forderungen gehen auf ihn über. Nur ausnahmsweise geht im Erbrecht eine Rechtsposition unter.

Es stellt sich aber die Frage, was als Rechtsposition einzuordnen ist, da in der Schweiz an Daten kein Eigentum begründet wird. Daten sind nach dem Datenschutzgesetz lediglich geschützt. Nach dem Immaterialgüterrecht müssen gewisse Voraussetzungen für einen Schutz von Informationen und Daten vorliegen, z. B. muss ein «Werk» im Rechtssinne vorliegen. Es besteht also kein absolutes Recht an Daten.

Bei auf Hardware gespeicherten Daten, also bei Computern Festplatten, USB-Sticks, selbst gebrannten CDROMs wurden diese «verkörpert» und standen im Eigentum des Erblassers so dass mit der Hardware auch die darauf gespeicherten Daten an den Erben übergehen. Nicht ohne weiteres zum Eigentum des Erblassers gehören insoweit Lizenz- und Nutzungsverträge und mit Programmen verbundene «Accounts». Hier richtet sich die Berechtigung nach den Vertragsverhältnissen des Erblassers mit den Lizenzgebern.

Wie eingangs beschrieben, ist es bei sog. «accounts» für die Erben schwierig an die hinterlassenen Daten zu gelangen. Rechtlich sind die accounts bei E-Mail Providern, sozialen Medien, Webhostern, Cloudservern und diversen Plattformen als Vertragsverhältnisse zu qualifizieren, bei denen der Zugang zum Benutzerkonto eine Hauptleistungspflicht des Anbieters ist. Grundsätzlich ist die Vererbbarkeit von Vertragsverhältnisssen zu bejahen. Ausnahmen gelten bei einem gesetzlichen oder vertraglichen Ausschluss oder bei Höchstpersönlichkeit eines Vertrages. Bei dem vertraglichen Ausschluss der Vererblichkeit ist eine Kontrolle der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unumgänglich. Deren Wirksamkeit in Konsumentenvertägen ist fraglich. Die Höchstpersönlichkeit des Vertrags über ein Nutzerkonto ist zu verneinen, die Leitung ist rein technisch und auch die Kommunikationspartner müssen mit einer Weiterleitung rechnen. Der Inhalt eines Benutzerkontos kann zwar höchstpersönlich sein, hier wird jedoch auf die entsprechende Rechtslage wie beim analogen Nachlass (Tagebücher) verwiesen, die vererbt werden. Bei Bankkonten wird der èbergang der Geheimnisherrschaft auf den/die Erben bejaht, bei der digitalen Krankenakte verneint. Allerdings kann der Erblasser zu Lebzeiten eine Schweigepflichtsentbindungserklärung zugunsten der Erben abgeben. Das Fernmeldegeheimnis schränkt die Vererbbarkeit nicht ein. Das Bundesgericht hat  bereits zur Nicht-Anwendbarkeit des FMG auf internetbasierte Dienste (Messenger, soziale Medien) entschieden. Auch Persönlichkeitsrechte des Erblassers stehen der Vererblichkeit eines Benutzerkontos nicht entgegen. Das Bundesgericht hat den postmortalen Persönlichkeitsschutz verneint und sprich vom «Andenkenschutz der Angehörigen». Das Datenschutzrecht sind keine Bestimmungen zu Daten verstorbener Personen, der Auskunftsanspruch nach Art. 25 DSG ist unvererbbar. Bei gemeinsamer Nutzung von accounts wie icloud ist zwischen dem Innen- und Aussenverhältnis zu unterscheiden Die Zulässigkeit einer Erbenausschlussklausel ist strittig (BGE 94 II 167, aber auch Oger ZH,  ZH101/2002).

Bei kryptobasierten Vermögenswerten (z. B. Bitcoins) im Nachlass kommt es auf die Vererbung des kryptographischen Schlüsselpaares («Wallets») an. Das «Non-Custodial Wallet» gehört dabei wohl zum vererbbaren Vermögen. Fehlt allerdings der «Private Key» gibt es keine Möglichkeit an den kryptobasierten Nachlass zu gelangen.

Bei geistigen Schöpfungen des Erblassers besteht hinsichtlich der Vererbbarkeit Einigkeit, dass die Universalsukzession auch Immaterialgüterrechte umfasst.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es sich empfiehlt die Nachlassplanungsinstrumente der Anbieter im digitalen Bereich zu nutzen. Als Erblasser kann man ein Löschungsverbot, aber auch eine Löschungsanordnung, vorbehaltlich Rechte Dritter, aussprechen. Es empfiehlt sich in jedem Fall anwaltlichen Rat bei kryptobasierten Vermögenswerten und Immaterialgütern bei letztwilligen Verfügungen einzuholen. Gerne stehen die Verfasser zur Verfügung.

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