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Verschiedene Arten von Generalversammlungen

von hauser@m-win.ch, +41 (52) 269 21 11

Am 01.01.2023 ist die Aktienrechtsrevision in Kraft getreten und hat neue Möglichkeiten für die Abhaltung einer Generalversammlung geschaffen. Wegen Art. 805 Abs. 5 OR sind die nachfolgenden Ausführungen auch für die GmbH interessant. Wir geben Ihnen einen Überblick, welche Arten von Generalversammlungen für nicht-börsenkotierte Gesellschaften nun möglich sind.

1. Universalversammlung

Eine Universalversammlung liegt vor, wenn die Eigentümer oder Vertreter sämtlicher Aktien teilnehmen, bzw. involviert sind (vgl. Art. 701 Abs. 1 OR).

a. Universalversammlung mit Präsenz

Die Eigentümer oder Vertreter sämtlicher Aktien können, falls kein Widerspruch erhoben wird, eine Generalversammlung ohne Einhaltung der für die Einberufung geltenden Vorschriften abhalten, Art. 701 Abs. 1 OR. In dieser Versammlung kann über alle in den Geschäftskreis der Generalversammlung fallenden Gegenstände gültig verhandelt und Beschluss gefasst werden, solange die Eigentümer oder Vertreter sämtlicher Aktien daran teilnehmen, Art. 701 Abs. 2 OR.

b. Universalversammlung mit Beschlüssen auf schriftlichem Wege auf Papier oder in elektronischer Form

Art. 701 Abs. 3 OR gewährt die Möglichkeit, eine Generalversammlung auch dann ohne Einhaltung der für die Einberufung geltenden Vorschriften abzuhalten, wenn die Beschlüsse auf schriftlichem Weg auf Papier oder in elektronischer Form erfolgen, sofern nicht ein Aktionär oder dessen Vertreter die mündliche Beratung verlangt.

2. Generalversammlung in der Schweiz mit Präsenz

Bei einer physischen GV mit Tagungsort nehmen die Aktionäre persönlich vor Ort an der GV teil. Gem. Art. 701a Abs. 1 OR bestimmt der Verwaltungsrat den Tagungsort der GV. Zu beachten ist, dass durch die Festlegung des Tagungsortes für keinen Aktionär die Ausübung seiner Rechte im Zusammenhang mit der GV in unsachlicher Weise erschwert werden darf, Art. 701a Abs. 2 OR.

3. Generalversammlung im Ausland mit Präsenz

Unter den Voraussetzungen des Art. 701b OR kann die physische GV im Ausland durchgeführt werden. Vorausgesetzt ist, dass die Statuten dies vorsehen und der Verwaltungsrat in der Einberufung einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter bezeichnet, Art. 701b Abs. 1 OR. Bei nicht-börsenkotierten Gesellschaften kann der Verwaltungsrat auf die Bezeichnung eines unabhängigen Stimmrechtsvertreters verzichten, sofern alle Aktionäre damit einverstanden sind, Art. 701b Abs. 2 OR. Auch in diesem Falle müssen die Vorgaben des Art. 701a OR beachtet werden.

4. Generalversammlung mit Präsenz an verschiedenen Orten gleichzeitig

Möglich ist es auch, eine physische GV an mehreren Tagungsorten in der Schweiz und/oder dem Ausland durchzuführen. Die Voten der Teilnehmer müssen in diesem Fall unmittelbar in Bild und Ton an sämtliche Tagungsorte übertragen werden. Die Vorgaben der Art. 701a und 701b OR sind zu beachten.

5. Generalversammlung in der Schweiz oder im Ausland mit (Teil-) Präsenz und elektronischer Teilnahmemöglichkeit für nicht anwesende Aktionäre

Art. 701c OR gewährt dem Verwaltungsrat die Möglichkeit (nicht die Pflicht) vorzusehen, dass Aktionäre, die nicht am Ort der Generalversammlung anwesend sind, ihre Rechte auf elektronischem Weg ausüben können. Eine Grundlage in den Statuten ist nicht notwendig.

Geregelt wird hier der Fall einer physischen GV mit Tagungsort in der Schweiz, im Ausland oder an verschiedenen Orten (Art. 701a und 701b OR), an welchem der betroffene Aktionär nicht körperlich anwesend ist (dies im Unterschied zur virtuellen GV, bei der es keinen Tagungsort gibt, siehe unten). Die Vorgaben der Art. 701a, 701b OR sowie Art. 701e, 701f OR sind zusätzlich zu beachten.  

6. Virtuelle Generalversammlung

Eine GV kann gem. Art. 701d Abs. 1 OR mit elektronischen Mitteln ohne Tagungsort durchgeführt werden, wenn die Statuten dies vorsehen und der Verwaltungsrat in der Einberufung einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter bezeichnet. Bei nicht-börsenkotierten Gesellschaften können die Statuten vorsehen, dass auf die Bezeichnung eines unabhängigen Stimmrechtsvertreters verzichtet werden kann, Art. 701a Abs. 2 OR.

Der Unterschied zwischen der «GV mit Präsenz und elektronischer Teilnahmemöglichkeit für nicht anwesende Aktionäre» und der «virtuellen GV» besteht darin, dass bei der virtuellen GV die Aktionäre kein Recht auf eine physische Teilnahme an einem bestimmten Ort haben, da kein Tagungsort existiert.

Pflichten des VR im Zusammenhang mit der virtuellen GV finden sich in Art. 701e OR. Wie bei technischen Problemen zu verfahren ist, ist in Art. 701f OR geregelt.

Fazit

Die Aktienrechtsrevision hat neue Möglichkeiten zur Abhaltung der GV geschaffen, was sehr zu begrüssen ist. Um als Verwaltungsrat den Überblick über das Vorgehen zu behalten, empfiehlt es sich ein Reglement, jedenfalls für die GV mit elektronischer Teilnahmemöglichkeit und die virtuelle GV, zu erstellen.

Wenn Sie Fragen haben oder Unterstützung benötigen, können Sie gerne auf uns zukommen. Gerne helfen wir Ihnen bei der Anpassung Ihrer Statuten, der Erstellung eines Reglements oder stehen für andere Belange zur Verfügung.

Interessiert mich (Email an sekretariat@m-win.ch; wir melden uns)

Anmerkung: Dieser Beitrag wurde von der unabhängigen Anwaltskanzlei «Martin Rechtsanwälte GmbH» auf unserem Blog publiziert.

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