Schriftliche und elektronische Beschlussfassung in einer AG

von scheinholzer@m-win.ch, Tel. +41 (52) 269 21 11

Von den diversen Beschlussarten werden im Folgenden diejenigen auf schriftlichem Weg und in elektronischer Form thematisiert und aufgezeigt, wie sie konkret ablaufen und worauf zu achten ist, damit ein rechtskonformer Beschluss der Generalversammlung und des Verwaltungsrates daraus resultiert.

Das Gesetz sieht sowohl für die Generalversammlung (Art. 701 Abs. 3 OR) als auch den Verwaltungsrat (Art. 713 Abs. 2 Ziff. 3 OR) die schriftliche und elektronische Beschlussform (z.B. per E-Mail; Vischer Markus, Protokollierung von GV- und VR-Beschlüssen als Gültigkeitsform, SZW 2022, S. 416 ff., 418) vor. Damit von diesen Bestimmungen Gebrauch gemacht werden kann, braucht es keine statutarische Grundlage. Es gilt aber ein allfälliges Vetorecht eines Aktionärs oder dessen Vertreter bzw. eines Mitglieds des Verwaltungsrates zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass diese Beschlussform nicht durchgeführt werden darf, wenn eine mündliche Beratung verlangt wird.

Generalversammlung

Grundsätzlich stellt der Verwaltungsratspräsident ein Einleitungsdokument an alle (auch nicht stimmberechtigten) Aktionäre zu. Dieses Dokument beinhaltet mindestens folgende Informationen:

  • Name der Gesellschaft/Datum der Unterlage;
  • Antrag, auf welche sich die Stimmabgabe bezieht bzw. materieller Gehalt des Beschlusses;
  • Feststellung, wer (resp. welche Aktionäre) stimmberechtigt ist;
  • Anleitungen für Stimmabgabe: zulässige Form(en) und weitere Modalitäten der Stimmabgabe, insb. Fristen und Adressat des Empfängers der Stimmen;
  • «Organisatorische Hinweise» zur Ausübung des Vetorechts (allfälliger Widerspruch innert 20 Tagen, analog zur Einberufungsfrist nach Art. 700 Abs. 1 OR – vorbehalten anderslautender statutarischer Bestimmung);
  • Art, wie Aktionäre über die gefassten Beschlüsse informiert werden.

Es müssen nicht sämtliche Aktienstimmen teilnehmen. Es sind die ordentlichen Beschlussquoren (wie bei einer Präsenzveranstaltung) anzuwenden und über den Beschluss ist ein Protokoll nach Art. 702 Abs. 2 und 3 OR zu verfassen. Dabei ist auch die Zuständigkeit für die Einleitung, die Hintergründe und Feststellungen betreffend die Ausübung des Vetorechts anzugeben. Das Beschluss-Einleitungsdokument dient als Beilage (Dubs Dieter, Das Aktienrecht, Kommentar der ersten Stunde, in: Nobel Peter, Müller Christoph (Hrsg.), Berner Kommentar, N 10, 32 und 37 ff. zu Art. 698-706b OR, Bern 2023).

Verwaltungsrat

Beim Verwaltungsrat wird auch der Verwaltungsratspräsident aktiv. Er unterbreitet den einzelnen VR-Mitgliedern unter Ansetzung einer Frist für die Stimmabgabe einen Antrag, der mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Erfolgt keine Fristansetzung, richtet sich die Rechtzeitigkeit der Antworten nach Art. 5 OR (Stach Patrick, OR, Kommentar zum Schweizerischen Obligationenrecht, in: Kren Kostkiewicz Jolanta et al. (Hrsg.), Orell Füssli Kommentar, N 10 zu Art. 713 OR, Zürich 2023). Die Frist ist also im Einzelfall nach den konkreten Umständen und unter Berücksichtigung bisheriger Unternehmenspraxis zu bestimmen. Sie muss angemessen sein und eine Bedenkzeit inkludieren. Das Verpassen der Beantwortungsfrist wird der Nichtteilnahme an der Abstimmung gleichgesetzt (Sutter Reto / Facincani Nicolas, Zirkularbeschlüsse des Verwaltungsrats, TREX 2014, S. 106 ff., 107). Die Wertung eines Stillschweigens als Zustimmung ist nur unter besonderen Umständen denkbar (Stach Patrick, OR, Kommentar zum Schweizerischen Obligationenrecht, in: Kren Kostkiewicz Jolanta et al. (Hrsg.), Orell Füssli Kommentar, N 10 zu Art. 713 OR, Zürich 2023). Es gelten die Quoren gemäss Gesetz, Statuten und Organisationsreglement (Vischer Markus, Protokollierung von GV- und VR-Beschlüssen als Gültigkeitsform, SZW 2022, S. 416 ff., 421). Aufgrund der Systematik und des Wortlauts («Beschlüsse») gilt Art. 713 Abs. 3 OR für alle Beschlussarten, d.h. es ist auch ein Protokoll zu führen.

Sollten Sie Fragen haben oder Unterstützung benötigen, können Sie sich gerne an uns wenden. Wir teilen Ihnen gerne unsere Empfehlungen für die konkrete Umsetzung dieser Beschlussfassungsart in Ihrer Gesellschaft mit, so dass ein rechtskonformes Handeln garantiert ist.

Interessiert mich (Email an sekretariat@m-win.ch; wir melden uns)

Dieser Beitrag wurde von der unabhängigen Anwaltskanzlei «Martin Rechtsanwälte GmbH» auf unserem Blog publiziert.

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