Rufen Sie uns an: +41 52 269 21 00

Interessenkonflikt beim Verwaltungsrat

von hauser@m-win.ch, +41 (52) 269 21 11

Am 01.01.2023 ist die Aktienrechtsrevision in Kraft getreten und hat mit Art. 717a OR eine Regelung des Umgangs mit Interessenkonflikten bei VR und Geschäftsleitung mit sich gebracht. Wir geben Ihnen einen diesbezüglichen Überblick zum VR.  

Die Mitglieder des Verwaltungsrates (VR) unterstehen Sorgfalts- und Treuepflichten, dies auch schon vor der Aktienrechtsrevision. Diese gebieten, das Auftreten von Interessenkonflikten möglichst zu vermeiden:

  • Arbeitsrecht: Insb. Art. 321a Abs. 1 OR besagt, dass der Arbeitnehmer die ihm übertragene Arbeit sorgfältig auszuführen und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers in guten Treuen zu wahren hat.
  • Auftragsrecht: Der Beauftragte haftet im Allgemeinen für die gleiche Sorgfalt wie der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis, Art. 398 Abs. 1 OR. Er haftet dem Auftraggeber für getreue und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen Geschäftes, Art. 398 Abs. 2 OR.
  • Aktienrecht: Die Mitglieder des VR sowie Dritte, die mit der Geschäftsführung befasst sind, müssen ihre Aufgaben mit aller Sorgfalt erfüllen und die Interessen der Gesellschaft in guten Treuen wahren, Art. 717 Abs. 1 OR.

Da sich Interessenkonflikte nicht immer vermeiden lassen, wurde im Rahmen der Aktienrechtsrevision eine Norm zum Umgang mit Interessenkonflikten eingefügt:

Die Mitglieder des VR und der Geschäftsleitung informieren den VR unverzüglich und vollständig über sie betreffende Interessenkonflikte, Art. 717a Abs. 1 OR. Der VR ergreift die Massnahmen, die zur Wahrung der Interessen der Gesellschaft nötig sind, Art. 717a Abs. 2 OR.

Für die Annahme eines Interessenkonflikts im Sinne von Art. 717a Abs. 1 OR reicht schon ein potenzieller Interessenkonflikt (vgl. Botschaft, BBl 2017 399, S. 571 f.). Beispiele möglicher Interessenkonflikte sind enge geschäftliche oder private Beziehung zu einem Dritten, der mit der Gesellschaft geschäftliche Beziehungen knüpfen will oder Mangel an Zeit (keine ausreichend Zeit für die sorgfältige Erfüllung der Aufgaben) (vgl. Botschaft, BBl 2017 399, S. 571 f.).

Bewusst offen formuliert, bietet Art. 717a Abs. 2 OR dem VR Handlungsspielraum im Umgang mit Interessenkonflikten. So wurde z.B. auf eine zwingende Ausstandspflicht (Ausschluss) bei der Beschlussfassung seitens Gesetzgeber bewusst verzichtet. Im Rahmen einer Beschlussfassung stehen dem VR verschiedene Möglichkeiten zu, von der doppelten Beschlussfassung (einmal mit und einmal ohne konfliktbelastetes VR-Mitglied) bis hin zum Ausschluss.

Ergriffene Massnahmen bei Vorliegen eines Interessenkonfliktes sollten protokolliert werden (vgl. Botschaft, BBl 2017 399, S. 568). Möglich ist es zudem, den Umgang mit einem Interessenkonflikt in einem Organisationsreglement festzulegen und dann im Fall der Fälle entsprechend zu verfahren.

Bei einem dauerhaften, nicht auflösbaren Interessenkonflikt bleibt nichts anderes übrig als das Ausscheiden des interessenkonfliktbehafteten Mitglieds aus dem VR (vgl. Botschaft, BBl 2017 399, S. 572)

Wenn Sie Fragen haben oder Unterstützung benötigen, können Sie gerne auf uns zukommen.

Interessiert mich (Email an sekretariat@m-win.ch; wir melden uns)

Anmerkung: Dieser Beitrag wurde von der unabhängigen Anwaltskanzlei «Martin Rechtsanwälte GmbH» auf unserem Blog publiziert.

Close Menu