Billige Onlinegründung: Eine gute Idee? – Finanzierung

Es gibt immer mehr Angebote, kostengünstig eine Unternehmensgründung selber allein im Internet vorzunehmen. Nicht immer ist das eine gute Idee.

Von Jürg Martin – martin@m-win.ch

In einer kleinen Blogreihe zeigen wir beispielhaft Umstände, die vertiefte Überlegung und fachliche Unterstützung erfordern, wenn böse Überraschungen möglichst vermieden werden sollen.

Im letzten Beitrag haben wir Aspekte der Personenmehrzahl behandelt, für die ja die Gesellschaften, wie der Name sagt, geschaffen sind. Zum Aufbau der meisten Unternehmen ist Kapital nötig, und dieses ist zu Beginn fast immer wirtschaftlich gesehen Risikokapital. Die von der Rechtsordnung dafür primär vorgesehene Finanzierungsform ist die Unternehmensbeteiligung, also GmbH Anteile oder Aktien.

Ob man eine GmbH oder AG oder etwas anders gründet oder ein Einzelunternehmen bleibt, hat grossen Einfluss auf die Möglichkeit, Risikokapital zu bekommen. Zwischen AG und GmbH ist die Kapitalmarktfähigkeit der Anteile wohl der wichtigste (u.a. weil nicht abänderbare) Unterschied. Zwar können wie Aktien (Art. 622 Abs. 4 OR) auch GmbH-Anteile (Art. 774 Abs. 1 OR) einen beliebig kleinen Nennwert grösser null haben. Aber bei Kapitalerhöhungen dürfen die GmbH Anteile nicht öffentlich angeboten werden (Art. 781 Abs. 3 OR). Allerdings gilt die Suche nach einzelnen zusätzlichen Gesellschafterinnen und Gesellschaftern in Fachblättern und Zeitungen nicht als unzulässiges öffentliches Zeichnungsangebot im Sinne der Bestimmung (vgl. z.B. (BBl 2002 3148 (3181)). Die Übertragung von Stammanteilen ist erheblich aufwändiger als diejenige von Aktien, weil der Übertragungsvertrag bestimmte Inhalte aufweisen muss (Art. 785 Abs. 2 i.V.m. 777a OR) und die Identität der Gesellschafter mit der Anzahl und dem Nennwert ihrer Stammanteile im HR eingetragen werden (Art. 791 OR). Daraus resultiert ein weiterer Unterschied; jener der fehlenden Anonymität: Bei der GmbH sind – anders als bei der AG – Gesellschafter sowie die Übertragung von Anteilen öffentlich einsehbar. Dies verunmöglicht oder erschwert manche, mit Aktien heute mögliche, Gestaltungsart (z.B. Derivate, Token) und setzt die Parteien verstärkt behördlicher Willkür aus (s. dazu https://msmgroup.ch/mantelhandel-bedenkliche-behoerdenpraxis/).

In vielen anderen Punkten können aber die AG und die GmbH gegenüber dem gesetzlichen Modell stark abgeändert werden. Es lohnt sich, zu überlegen, wie diese Spielräume im konkreten Fall für das Unternehmen genutzt werden können, statt nur Standardstatuten zu verwenden.

Gründet man ohne rechtliches Fachwissen allein, ist das Risiko gross, dass man später bei Wachstum und Finanzierung Sand im Getriebe hat, weil man zu Beginn den Aufwand scheute, ihn zu entfernen und das Getriebe (ja, sowas hatten die früheren Benzinautos noch…) stattdessen mit geeigneten Mitteln zu schmieren.

Wenn Sie Unterstützung benötigen oder Fragen haben, können Sie gerne auf uns zukommen.

Interessiert mich (Email an sekretariat@m-win.ch; wir melden uns)

Anmerkung: Dieser Beitrag wurde von der unabhängigen Anwaltskanzlei «Martin Rechtsanwälte GmbH» auf unserem Blog publiziert.