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Prozesskostenverteilung unter Stockwerkeigentümern

Klagt ein Stockwerkeigentümer gegen die Stockwerkeigentümergemeinschaft (STOWEG), so besteht in Lehre und Rechtsprechung Uneinigkeit, wie die Prozesskosten, bestehend aus Gerichtskosten und Parteientschädigung verteilt werden.

Teils wird die Auffassung vertreten, ein Stockwerkeigentümer, der in einem Gerichtsprozess gegen die STOWEG gewinnt, habe sich an den Prozesskosten der STOWEG entsprechend der auf ihn entfallenden Wertquote zu beteiligen. So entschied das Kantonsgericht Wallis (ZWR 2014, 270 ff.) und auch von Wermelinger im Zürcher Kommentar, Zivilgesetzbuch, J. Schmid (Hrsg.), Art. 712 – 712t ZGB, Das Stockwerkeigentum, 2. Aufl. , Zürich 2019, N 117 zu Art 712h ZGB, wird diese Auffassung vertreten.

Es wird auch die gegenteilige Auffassung vertreten, so vom Bundesgericht (BG) und auch vom Obergericht des Kantons Zürich.

Das Bundesgericht hatte in zwei Verfahren die Gelegenheit, sich mit der Frage der Prozesskostenverteilung innerhalb der STOWEG zu beschäftigen und liess zunächst die Frage offen.

In einem Fall aus 2013 waren die klagenden Stockwerkeigentümer und die STOWEG vergleichsweise übereingekommen, die Prozesskosten je hälftig zu übernehmen und auf eine Parteientschädigung zu verzichten (Wettschlagen). Die Verwaltung belastete sodann in der Betriebskostenabrechnung für 2013 die Stockwerkeigentümer mit den Anwaltskosten der STOWEG von nahezu Fr. 50‘000.- und erklärte, es handele sich um Kosten der gemeinschaftlichen Verwaltung im Sine von Art. 712h Abs. 1 ZGB. Damit hätten auch die am Vergleich beteiligten Stockwerkeigentümer im Verhältnis ihrer Wertquoten die Anwaltskosten der STOWEG zu tragen gehabt. Die betroffenen Stockwerkeigentümer beantragten u. a. mit Berufung auf diesen Sachverhalt die Abberufung der Verwaltung und erhoben nach Abweisung ihres Antrages in der Stockwerkeigentümerversammlung, Klage gegen den ihren Antrag abweisenden Beschluss der STOWEG. Die von ihnen erhobene Klage ging bis ans Bundesgericht, das 2017 entschied. Hinsichtlich der Verteilung der Parteientschädigung zeigte sich das BG in der Entscheidung ungnädig und monierte es wäre an dem in 2013 abgeschlossenen Vergleich beteiligten Stockwerkeigentümern gewesen, diesen hinsichtlich der Parteientschädigung klarer zu formulieren, insbesondere mit aufzunehmen, dass die aufgrund der Anwaltskosten auf die beteiligten Stockwerkeigentümer wertquotenmässig entfallenden Beträge zusätzlich anteilsmässig von den anderen Stockwerkeigentümern zu übernehmen seien. Es läge damit keine schwerwiegende, zur Abberufung der Verwaltung führende, Pflichtverletzung vor. Grundsätzlich blieb damit die Frage der Kostentragungspflicht offen.

Im zweiten am 29.08.2022 entschiedenen Fall (BGer 5A/89_2021) ging es wieder unter den gleichen Parteien um die Anfechtung von Beschlüssen der Stockwerkeigentümerversammlung betreffend u. a. einen Verteilungsschlüssel nach Wohnflächen und um die Verteilung der Anwaltskosten betreffend das im Jahr 2013 mit Vergleich beendete Verfahren. Da nicht auf Abberufung der Verwaltung geklagt wurde, sondern gegen die Verteilung von Gemeinschaftskosten, handelte es sich prozessual um einen anderen Klagegenstand, so dass das Thema erneut gerichtlich entschieden werden konnte. Die Klage war in erster Instanz erfolgreich und das Gericht entschied: «Die Gerichtskosten werden ohne interne Kostenbeteiligung von X, Y, Z der STOWEG auferlegt» sowie «Die STOWEG wird verpflichtet X, Y, Z ohne deren interne Kostenbeteiligung eine Parteientschädigung von … zu bezahlen.» Das Obergericht des Kanton ZH (OGer ZH LB200003 – O/U) schützte diese Entscheidung und auch das BG wies die dagegen gerichtete Beschwerde der STOWEG ab. Hervorzuheben ist, dass in diesem Entscheid wiederum über die Verteilung der Anwaltskosten der STOWEG aus dem Vergleichsschluss von 2013 entschieden wurde. Diesmal kam das BG zu folgendem Ergebnis: «Es kann bei objektiver Betrachtung nicht davon ausgegangen werden, dass eine Partei, die sich bei einer Streitbeilegung vergleichsweise zur Tragung der Hälfte der Gerichtskosten und der eigenen Anwaltskosten verpflichtet (Wettschlagen), sich auch noch anteilsmässig an den Kosten der Gegenpartei beteiligen will. Der von der Beschwerdeführerin vor Bundesgericht vertretene Standpunkt erscheint gegenteilig fast schon treuwidrig, versucht sie im Ergebnis doch, den Beschwerdegegnern eine über die vergleichsweise Regelung und somit das eigene frühere Zugeständnis hinausgehende Last aufzuerlegen.» Das BG führte aus, dass es zu kurz gegriffen sei, auf das Fehlen einer gemeinschaftsinternen Kostenverteilung zu verweisen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass sämtliche Aspekte und damit auch die gemeinschaftsinterne Kostenverteilung mit dem Vergleich geregelt worden seien.

Damit ist die Frage der Kostenverteilung implizit entschieden. Obsiegt ein Stockwerkeigentümer in einem Verfahren gegen die STOWEG, so darf er nicht mittelbar über die Betriebskostenabrechnung mit von der STOWEG zu tragenden Kosten im Verhältnis seiner Wertquote belastet werden. Vielmehr sind die insoweit nicht zu verteilenden Quoten von den übrigen Stockwerkeigentümern zu tragen.

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Interessiert mich (Email an sekretariat@m-win.ch; wir melden uns)

Anmerkung: Dieser Beitrag wurde von der unabhängigen Anwaltskanzlei «Martin Rechtsanwälte GmbH» auf unserem Blog publiziert.

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